Energiekosten und Energiepolitik
Bei den heutigen Energiekosten wird die „Inanspruchnahme“ der knappen Ressourcen genauso wenig in das Kostenkalkül mit einbezogen, wie die Kosten, welche die durch die Energieanwendung verursachten Schäden kompensieren. Würden diese Schäden die Energiepreise belasten, so müsste die alte Forderung der Grünen,
„5 DM für ein Liter Benzin“, längst in Erfüllung gegangen sein.
So sollte zum Beispiel ein Teil der Kosten für die Behebung von Naturkatastrophen, deren Anzahl mit der globalen Temperaturerhöhung signifikant ansteigt, teilweise durch Erhöhung der Energiepreise abgefangen werden. Nach dem Verursacherprinzip müssten alle Kosten, die durch den Energieverbrauch entstehen, in den Energiekosten beinhaltet sein.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist die Politik, durch Mineralölsteuer die Rentenkasse zu entlasten, nicht richtig, weil sie nicht sachlich begründet werden kann. Demgegenüber wäre die Politik, mit einem Teil des Mineralölsteuers die Krankenkasse zu entlasten, dann begründbar, wenn dadurch so viel Geld in die Krankenversicherung flösse, wie viel Kosten die Atemwegerkrankungen verursachen, welche auf die von Energieverbrauch verursachten Luftverschmutzung zurückzuführen sind. Dann aber müssten die Krankenkassenbeiträge um den entsprechenden Betrag gesenkt werden. Dieser Vorgang heißt: Monetarisierung der Umweltschäden. Die Frage lautet dann nicht: „Wie viel ist der blaue Himmel wert?“, sondern, „Wie viel kostet (der Schaden), wenn der Himmel (vom Ruß) verdunkelt wird?“. An Stelle, wie viel unsere Gesundheit wert ist, kommt die Fragestellung, wie viel unsere Krankheit kostet. Die Frage, wie hoch die Folgeschäden des Verbrauchs fossiler Ressourcen sind, kann allerdings nur durch sorgfältige Studien, und auch so nur mit einer gewissen Unschärfe, beantwortet werden. Wenn die Folgekosten der Verfeuerung fossiler Brennstoffe dem Brennstoffpreis zugeschlagen werden, kann der Preis der umweltschonenden erneuerbaren Energien mit dem der fossilen Brennstoffe konkurrieren.
(Siehe hierzu: http://www.fiwi.euv-ffo.de/Downloads/UOEKap.2.5-2.6.pdf
bzw. http://www.fiwi.euv-ffo.de/Downloads/Umwelt_Gliederg_WS0405.pdf ) Eine zu schnelle und unkalkulierbare Energiepreiserhöhung kann die Wirtschaft nicht verkraften, auch wenn diese nach dem Verursacherprinzip gerecht wäre. Auch kann eine solche Energiepreispolitik nicht im nationalen Alleingang verwirklicht werden. Dieser Weg kann nur nach sorgfältiger Vorbereitung und im richtigen Tempo begangen werden. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist das in Februar 2000 vom Bundestag verabschiedete Erneuerbare-Energien-Gesetz.
Aufgrund der Dringlichkeit des Klimaproblems hat sich die EU zusammen mit einigen anderen Staaten auf ein "Kyoto light" geeinigt. Auch ohne Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls wollen diese Länder ihre zugesagten CO2-Minderungsziele bis 2012 erreichen. Hierzu wird z.B. derzeit ein Emissionsrechtehandel in Europa etabliert. Der Emissionsrechtehandel ist eines der wesentlichen Emissionssenkungs-Instrumente, die im Kyoto-Protokoll verankert sind. Daneben gibt es zwei weitere wesentliche Instrumente, so genannte flexible Mechanismen, zur Durchführung der Maßnahmen zur Bekämpfung des Treibhauseffektes. Als "Joint Implementation" werden kooperative Maßnahmen zweier (oder mehrerer) Industrieländer bezeichnet, die sich beide anrechnen lassen können. Von "Clean Development Mechanism" spricht man, wenn ein Industrieland Maßnahmen zur CO2-Reduktion in einem Entwicklungsland durchführt. Da der Ort der Emissionsreduktion weitgehend unerheblich ist und jegliche Reduktion einen positiven Einfluss auf die Weltklimaentwicklung hat, können so kostengünstigere Lösungen verwirklicht werden, die damit meist auch politisch leichter durchsetzbar sind.
CO2-Emissionen in Deutschland
CO2 Emissionen in Deutschland von 1990 bis 2002 nach Sektoren |
|||||||
|
1990 |
1998 |
2000 1) |
2001 1) |
2002 1) |
Durchschnitt 2000-2002 |
Veränderungen 1990 bis 2000-2002 |
|
Mio. t CO2 |
% |
|||||
Energieerzeugung/ -umwandlung |
439,2 |
365,1 |
361,1 |
369,1 |
373,0 |
367,7 |
-16,3 |
KRAFTWERKE |
353,8 |
313,1 |
309,5 |
316,9 |
322,0 |
316,1 |
-10,7 |
HeizKRAFTWERKE FernheizKRAFTWERKE und übrige Umwandlungsbereiche |
85,4 |
52,0 |
51,6 |
52,2 |
51,0 |
51,6 |
-39,5 |
Summe Industrie |
196,9 |
142,9 |
142,1 |
137,0 |
133,5 |
137,5 |
-30,2 |
Industrie (energiebedingt) |
169,3 |
117,3 |
116,0 |
112,6 |
109,1 |
112,5 |
-33,5 |
Industrieprozesse 4) |
27,6 |
25,6 |
26,1 |
24,4 |
24,4 |
25,0 |
-9,5 |
Summe Energie und Industrie |
636,1 |
508,0 |
503,2 |
506,1 |
506,5 |
505,2 |
-20,8 |
Gewerbe, Handel, Dienstleistungen 3) |
90,5 |
66,4 |
59,2 |
63,0 |
59,0 |
60,4 |
-33,3 |
Verkehr 2) |
158,8 |
175,7 |
178,4 |
174,6 |
172,6 |
175,2 |
10,3 |
Haushalte |
129,0 |
131,3 |
116,0 |
129,9 |
119,9 |
121,9 |
-5,5 |
Summe andere Sektoren |
378,4 |
373,4 |
353,6 |
367,5 |
351,5 |
357,5 |
-5,5 |
Gesamtemissionen 2) |
1014,4 |
881,4 |
856,6 |
873,5 |
858,0 |
862,8 |
-14,9 |
Temperaturbereinigte CO2-Emissionen |
|||||||
Energieerzeugung/ -umwandlung |
447,8 |
365,6 |
362,3 |
369,3 |
373,7 |
368,4 |
-17,7 |
Summe Industrie |
198,6 |
143,7 |
144,1 |
137,4 |
134,7 |
138,7 |
-30,1 |
Industrie (energiebedingt) |
171,0 |
118,0 |
117,9 |
113,0 |
110,3 |
113,8 |
-33,5 |
Industrieprozesse 4) |
27,6 |
25,6 |
26,1 |
24,4 |
24,4 |
25,0 |
-9,5 |
Summe Energie und Industrie |
646,4 |
509,2 |
506,4 |
506,7 |
508,5 |
507,2 |
-21,5 |
Gewerbe, Handel, Dienstleistungen 3) |
95,2 |
68,7 |
64,7 |
64,3 |
62,6 |
63,9 |
-32,9 |
Verkehr 2) |
159,2 |
175,7 |
178,5 |
174,6 |
172,7 |
175,3 |
10,1 |
Haushalte |
137,8 |
138,0 |
132,3 |
134,0 |
130,1 |
132,1 |
-4,1 |
Summe andere Sektoren |
392,3 |
382,5 |
375,4 |
373,0 |
365,4 |
371,3 |
-5,4 |
Gesamtemissionen 2) |
1038,7 |
891,7 |
881,8 |
879,6 |
873,8 |
878,4 |
-15,4 |
1) vorläufig. 2) ohne internationalen Luftverkehr. 3) Einschl.
militärische Dienststellen, |
Tabelle 2: Übersicht der CO2-Emissionen
in Deutschland
Weiterführende Literatur zu diesem Kapitel:
Grundlagen zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Energiesystemen in Baden-Württemberg; Institut für Rationelle Energieanwendung; Universität Stuttgart; Forschungsbericht FZKA-BWPLUS, 2002;
http://www.xfaweb.baden-wuerttemberg.de/fofaweb/berichte/BWA99001/bwa99001.html
Aufgabe 28: Nach dem Kyoto-Protokoll ist Deutschland verpflichtet, seinen Ausstoß an den Treibhausgasen bis 2012 um 21 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Die Werte für den Stand von 1990 können aus Tabelle 2 entnommen werden. Das Wirtschaftsministerium und das Umweltministerium haben sich in März 2004 in der CO2-Reduktion darauf geeinigt, die Kohlendioxidemissionen für Industrie und Energiewirtschaft bis 2012 auf 495 Millionen Tonnen zu begrenzen. Um welchen Betrag muss in Deutschland die CO2-Emission im nicht-industriellen Bereich von Haushalt, Gewerbe und Verkehr reduziert werden, damit das Kyoto-Protokoll erfüllt wird?
Aufgabe 29: Wo liegt die Schwierigkeit für Deutschland, das Kyoto-Protokoll zu erfüllen? Interpretieren Sie in dieser Hinsicht Tabelle 2!
Aufgabe 30: Warum zeigt in Tabelle 2 die „Temperaturbereinigung“ einen stärkeren Einfluss auf die CO2-Emission der Haushalte als auf die der anderen Sektoren?