Hörbeispiele  für alte Musik mit historischen Stimmungen

www.farago.info/hobby/stimmungen/StimmungenTonartencharakter.pptx  

 

 

Wertvolle Beschreibungen über Stimmungssysteme in der Musik findet man  u. A. unter

http://de.wikipedia.org/wiki/Stimmungssystem     (Lexikon)

http://members.aol.com/ReinerJank/tempe-te.htm      (leicht verständlich)

http://www.mv-sulzbach.de/glossar/desstimmung.htm(leicht verständlich)

http://www.minic.ac.at/ammu/16/16_1.html  (Mathematik der Gleichschwebenden Stimmung)

http://www.groenewald-berlin.de/Inhaltsverzeichnis.htm 

          (sehr ausführlich, viele Tabellen mit Erklärungen)

 

 

Es gibt verschiedene Stimmungen für Tasteninstrumente, wie pythagoreische, reine, mitteltönige, wohltemperierte, usw.

Welche Stimmung passt zu einer Musikepoche am besten?

Mit dieser Frage beschäftigt sich folgende Arbeit, die in der Forum Kirchenmusik erschienen ist.

 

 

Forum Kirchenmusik, Heft  III,  Juni 2001, Strube Verlag, München     http://www.forum-kirchenmusik.de/

 

 

Zoltán Faragó

 

Stimmungen von Tasteninstrumenten

 

 

Definitionen: Werkmeister und Schisma sind alte Einheiten der Tonhöhenabweichung. Die neue Einheit ist Cent, ein Hundertstel eines Halbtons in gleichschwebender Stimmung.

 

· 1 WM (Werkmeister) = (pythagoreisches Komma)1/12  » 1,001129891...   » 1 Schisma;

· 1 Schisma = (pythagoreisches Komma) / (didymisches Komma) » 1,00112915...;

· 1 Cent = Halbtonintervall 1/100  = 21/1200 » 1,00057779...;

· Abweichung in WM  »  [( Intervall Istwert)/(Intervall Sollwert) – 1] / (WM – 1);

· Abweichung in Cent  » [( Intervall Istwert)/(Intervall Sollwert) – 1] / (Cent – 1);

· Intervall zwischen Ton2  und Ton1  = (Tonfrequenz2 ) / ( Tonfrequenz1 );

· Frequenz HERTZ = Schwingungen / Sekunde;

· Abweichung in WM » 1,9555*(Abweichung in Cent);

· pythagoreisches Komma = (3/2)12 / 27 = 312 / 219 » 1,013643265

  - die Differenz zwischen 12 reinen Quinten und 7 Oktaven;

· didymisches oder syntonisches  Komma = 81 / 80 = 1,0125

  - die Differenz zwischen zwei großen Ganztönen und der reinen Terz;

· Halbtonintervall in gleichschwebender Stimmung = 21/12  » 1,0594631...

 


 

Einleitung

 

Von der Firma Schubiger, einem Schweizer Hersteller von Stimmgeräten, sind Tabellen 94 historischer Stimmungen für Tasteninstrumente unter dem Titel „Alle Stimmungen“ im Internet veröffentlicht (www.schubiger-electronic.ch/deutsch/sg2a1.htm, kurz: Stimmungstabelle). Mit Hilfe dieser Stimmungstabellen können viele elektronische Tasteninstrumente problemlos auf verschiedene historische Stimmungen umgerüstet werden. Diese Arbeit versucht die Frage zu beantworten, welche dieser Stimmungen sich für welche Werke besonders eignen. Hierzu wurden alle Stimmungstabellen analysiert. Das Ergebnis dieser Analyse für fünf Stimmungen, einer pythagoreischen, einer natürlichen, einer mitteltönigen und zweier wohltemperierten, wird in dieser Arbeit ausführlich behandelt. Entsprechende Hinweise werden zu allen 94 Stimmungen im Inhaltsverzeichnis der Stimmungstabellen fett und kursiv hinzugefügt.

 

Für die Charakterisierung eines Dreiklanges werden  in dieser Arbeit die Attribute rein, schön, weniger schön und unspielbar  angewandt. Ein Dreiklang wird als rein bezeichnet, wenn seine Terz und Quint mit der natürlichen Terz und natürlichen Quint übereinstimmen. Ist die Summe des Absolutwertes der Abweichung der Terz und der Quint von der natürlichen Terz bzw. Quint  kleiner als die der gleichschwebenden Stimmung, so wird der untersuchte Dreiklang als schön bezeichnet. Ist sie größer, so ist der entsprechende Dreiklang weniger schön. Ist eine der Abweichungen größer als das pythagoreische Komma, so gilt der Dreiklang als unspielbar.

 

Die Entwicklungsgeschichte der Stimmungen von der pythagoreischen hin über die natürlichen, die mitteltönigen, die wohltemperierten bis zur gleichschwebenden Stimmung zeigt eine quantitative Entwicklung auf: Immer mehr Tonarten werden mit einer Stimmung spielbar, dafür klingen diese immer weniger schön. Bei der pythagoreischen Stimmung sind die Quinten rein, die Terzen unrein. Die natürliche ist die schönste Stimmung für eine begrenzte Anzahl von Dreiklängen: Hier sind drei Dur- und drei Moll-Dreiklänge rein, die anderen sind weniger schön. Erhöht man die Anzahl der reinen Dreiklänge, so werden viele der anderen unspielbar.  Bei der mitteltönigen Stimmung sind sechs bis acht Dur- und vier bis sechs Moll-Dreiklänge schöner als die der gleichschwebenden Stimmung, die anderen sind nicht nur unschön, sondern sind teilweise überhaupt nicht mehr spielbar. Bei der wohltemperierten Stimmung sind zwar alle Tonarten spielbar, aber nur höchstens sieben sind schöner als die der gleichschwebenden. Sind bei der wohltemperierten Stimmung nur wenige Tonarten schön, dann sind sie besonders wohlklingend. Je mehr Tonarten schön klingen, umso weniger glänzt ihre Schönheit. Bei der gleichschwebenden Stimmung sind alle zwölf Tonarten einander völlig gleich.

 

Hochwertige elektronische Tasteninstrumente bieten oft die Option der Einzeltonstimmung („Feinstimmung“, „Tuning“, „scale shift“ oder „fine tuning“). Oft kann man verschiedene, mitunter beliebig viele Stimmungen abspeichern. Bei einer solchen Option sollte man für jede Komposition die Stimmung wählen, in der nur die Tonarten schön klingen, welche die zu spielende Komposition aufweist. Diese Tonarten sind dann nämlich wesentlich schöner als bei einer Stimmung, die viele Tonarten ermöglicht. Bei einem elektronischen Instrument, das viele Stimmungen enthält, ist die Anwendung der gleichschwebenden Stimmung für ein bestimmtes Stück nur dann berechtigt, wenn in dem entsprechenden Stück alle Tonarten gleich wichtig sind (z.B. Zwölftonmusik oder Modulation über den ganzen Quintenzirkel).

 

 

 

 

Die pythagoreische Stimmung

 

Pythagoras von Samos war ein griechischer Priester (580 - 496 v.Chr.), dessen Geheimorden die Mächtigkeit der Götter und die Vollkommenheit der Schöpfung durch die Zurückführung aller wesentlichen Dinge auf einfache Zahlenverhältnisse zu beweisen suchte. Das Tonsystem führte er auf das Zahlenverhältnis 2:3:4  zurück. Der geometrische Unterschied zwischen 3:2 (Quint) und 4:3 (Quart) ist der Ganzton (3/2)/(4/3) = 9/8. Der Unterschied zwischen zwei Ganztönen und der Quart ist der pythagoreische Halbton  (4/3) / [(9x9)/(8x8)] =  44/35.  Die Tonleiter besteht aus fünf Ganztönen und zwei  Halbtönen (1, 1, ½, 1, 1, 1, ½  usw.). Die Quinten und Quarten dieses Tonsystems sind rein, die Terzen unrein. In der antiken Musik galten Quint- und Quartparallelen als schön, Terzparallelen waren hingegen verpönt.

 

Das Charakteristische der pythagoreischen Stimmung sind die reinen Quinten zu den Tönen der diatonischen Tonleiter, ferner die zu weiten großen  und die zu engen kleinen Terzen. Das pythagoreische Komma, die Nichtübereinstimmung zwischen 12 reinen Quinten und 7 Oktaven, wird durch die Verengung der Quinten einiger weniger (in der Regel 1, maximal 6) Töne, die nicht zur diatonischen Tonleiter gehören, ausgeglichen. Bei der Stimmung No. 57  ist dies die Quint des Tons h, d.h. das Intervall h-#f ‘. (Der siebente Ton  ist insofern ein besonderer Ton, als dessen Quint nicht mehr zur Tonleiter gehört. Er ist auch der jüngste Ton der Tonleiter.)

 

Wenn man das pythagoreische Komma gleichmäßig auf die nichtdiatonischen Töne  verteilt,  wie in der Stimmung No. 55, klingen deren Terzen schöner als die der diatonischen Töne. Diese  Stimmung ist pythagoreisch für C-Ionisch, ist aber zugleich wohltemperiert. Schöner als bei der gleichschwebenden Stimmung klingen die Tonarten, deren Grundton eine „schwarze Taste“ ist. Am schönsten sind die Dreiklänge der #F-Dur-Tonleiter.

 

Die Stimmung No. 94 ist eine weitverbreitete wohltemperierte Stimmung, sie ist aber pythagoreisch zugleich in #C-Dur. Die Stimmung No. 2 erfüllt sowohl die Kriterien der pythagoreischen als auch die der natürlichen Stimmung.

 

Die pythagoreische Stimmung ist der Ausgangspunkt aller anderen Stimmungen. Sie ist  etwa zweitausend Jahre alt. Sie ist ideal für die antike, für die gotische Musik, für Gregorianik und für die Anfänge der Mehrstimmigkeit. Diese Stimmung stammt nicht von Pythagoras. Auf ihn oder auf einen seiner Schüler geht die Beschreibung der antiken Tonleiter zurück. Einige Beispiele für die pythagoreischen  Stimmungen zeigt Tabelle 1.


 

 

No.

Name

Jahr

Tonart

2

Agricola, Martin, Wittenberg    Pythagoreisch

natürlich

1539

C-Ionisch

A-Dur

23

Grammateus, Henricus, Nürnberg

1518

C-Ionisch

24

Grammateus, Henricus, Nürnberg (Schugk)

1518

C-Ionisch

55

Pythagoreisch C-Dur (Ebersold)

 

C-Ionisch

56

Pythagoreisch (Schugk)

1450

C-Ionisch

57

Pythagoreisch (Zwolle)

annähernd natürlich

1450

C-Ionisch

A-Dur

94

Young, Thomas, Wohltemperiert (Schugk)

pythagoreisch

1800

 

#C-Ionisch

 

Tabelle 1:         Beispiele für die  pythagoreischen Stimmungen.

 

 

Als Beispiel für die pythagoreische Stimmung wird die Stimmungstabelle No. 57 gezeigt:

Diese Stimmung ist pythagoreisch für C-Ionisch und enthält Elemente der natürlichen Stimmung für A-Dur. Die großen Terzen für Do=A in Do-, Re-, Fa- und So-Dur weichen von der reinen Terz lediglich um –1,0  WM  ab. Die Abweichung der kleinen Terzen in  mi-, la- und ti-Moll beträgt +1,0 WM.

 

 

Name: Pythagoreisch (Zwolle) (1450)     ***  Intervalle = Ton / (Ton+Intervall)  ***

                HERTZ     WM       WM      WM      WM    Abweichung zu Gleichschwebend

Ton            abs         Quinte   Quarte   gr.Terz  kl.Terz    WM     Hertz      Cent

C             260.741     0.00      0.00    11.00   -11.00     -3.00   -0.885      -5.87

Cis           274.690     0.00      0.00    11.00      1.00     -8.00   -2.493    -15.64

D             293.333     0.00      0.00    -1.00   -11.00     -1.00    -0.331      -1.96

Dis           309.026     0.00      0.00    11.00   -11.00    -6.00    -2.101    -11.73

E              330.000     0.00      0.00     -1.00   -11.00      1.00    0.372       1.96

F              347.654     0.00      0.00    11.00   -11.00     -4.00   -1.574     -7.82

Fis            366.253     0.00    12.00    11.00      1.00     -9.00   -3.741    -17.60

G             391.111     0.00      0.00    11.00   -11.00     -2.00   -0.884     -3.91

Gis           412.035     0.00      0.00    11.00      1.00     -7.00   -3.270    -13.69

A             440.000     0.00      0.00    -1.00   -11.00       0.00    0.000       0.00

B              463.539     0.00      0.00    11.00   -11.00     -5.00   -2.625     -9.78

H             495.000  -12.00      0.00    -1.00   -11.00      2.00    1.117        3.91

 

Stimmungstabelle, Stimmungsnummer  57

 

 


Die natürliche oder reine Stimmung

 

Die Schönheit dieser Stimmung wird durch keine andere Stimmungsart erreicht. Ein Tasteninstrument mit natürlicher Stimmung kann man in der Regel nur für die Harmonisierung einer einzigen Tonart verwenden,  sogar in dieser Tonart ist man Einschränkungen unterworfen.

 

Charakteristisch für die natürlichen  Stimmungen sind die natürlichen Dur- und Moll-Dreiklänge zu den Tönen der  diatonischen Tonleiter. Ein weiteres Merkmal ist das Vorhandensein großer und kleiner Ganztöne. Ein natürlicher Dreiklang beinhaltet nur reine große (5:4) und kleine (6:5) Terzen, die wiederum eine reine Quint 3:2 ergeben.  Das pythagoreische Komma wird durch die Verengung einiger weniger (1 bis 5) Quinten ausgeglichen. Die zum zweiten Ton des Tonleiters gehörende Quint wird annähernd um den Betrag des pythagoreischen Komma verkleinert, damit das zweite Tonintervall ein kleiner Ganzton wird. Das pythagoreische Komma kann durch die Verengung weiterer Quinten überkompensiert werden; in diesem Fall wird die  Quinte eines anderen Tones um den entsprechenden Betrag erhöht.

 

Die diatonische Tonleiter entsteht durch die Töne dreier quintverwandter Dur-Dreiklänge. Im C-Dur-System sind es die Dreiklänge F-, C- und G-Dur, die die Töne der  C-Dur-Tonleiter   (c d e f g a h; f-a-c=F-Dur, c-e-g=C-Dur, g-h-d=G-Dur) definieren. Die Oktave besteht aus einer reinen Quint und einer reinen Quart, beschreibbar durch das Zahlenverhältnis  2:3:4. Die Quint besteht aus einer reinen großen und einer reinen kleinen Terz  4:5:6,  die reine große Terz aus einem großen und einem kleinen Ganzton  8:9:10.  Der Halbton ist der Unterschied zwischen der reinen großen Terz und der Quart  (4:3) / (5:4) = 16:15. Die kleine Terz besteht aus einem großen Ganzton und einem Halbton.  Die mathematische Beschreibung des natürlichen Tonsystems geht auf den griechischen Schriftsteller, Grammatiker und Enzyklopädisten  Didymos Chalkenteros  (65 v.Chr.-10 n.Chr.) zurück. Das didymische (oder syntonische) Komma ist der Unterschied zwischen der pythagoreischen und der natürlichen Terz bzw. zwischen dem großen und dem kleinen Ganzton.

 

Die natürlichen Intervalle der diatonischen Dur-Tonleiter sind in Tabelle 2 dargestellt, sofern die Töne aus den Dreiklängen  Fa-, Do- und So-Dur abgeleitet werden.

 

   do

   re

   mi

   fa

   so

   la

   ti

   do´

 

Quint

3:2

 

 

 

Quart

4:3

 

 

               

             

 

Quart

 

 

 

große

5:4

Terz

kleine

6:5

Terz

                

             

 

große

Terz

kleine

Terz

große

Terz

kleine

Terz

 

großer

Ganzton

9/8

kleiner

Ganzton

10/9

Halbton

16/15

großer

Ganzton

kleiner

Ganzton

großer

Ganzton

Halbton

 

              

            

                  

 

Do-Dur

 

 

 

 

 

 

                  

 

 

 

 

Fa-Dur

 

 

 

                  

 

                

 

 

 

So-Dur

 

 

 

 

 

 

 

 

 

la-Moll

 

 

 

 

 

mi-Moll

 

 

 

 

 

 

               

KEINE

TERZ

KEINE
QUART

 

KEINE
QUINT

 

                    

KEINE   

QUINT

 

 

KEINE
QUART

 

 

 

Tabelle 2:         Tonintervalle und reine Dreiklänge in der natürlichen Stimmung.

 

 

Die natürlichen Dreiklänge der Tonleiter sind Do-Dur, mi-Moll, Fa-Dur, So-Dur und la-Moll. Mit re kann man keinen reinen  Moll-Dreiklang bilden, da das Intervall re-fa keine reine kleine Terz und re-la keine Quint ist: die reine kleine Terz besteht aus einem großen Ganzton und einem Halbton, der Intervall re-fa beinhaltet lediglich einen kleinen Ganzton und einen Halbton (s. Tabelle 2). Der Ton re ist in der diatonischen Moll-Tonleiter (la, ti, do, re, mi, fa, so) und in re-dorisch etwas tiefer als in Tabelle 2, dann ist nämlich das Intervall do-re der kleine Ganzton. Definiert man re als die große Terz des Ta-Dur-Dreiklanges, so entsteht die reine re-Dor-Tonleiter; der re-Moll-Dreiklang wird rein, So-Dur wiederum unrein.

 

Damit ist auch die Schwierigkeit dieser Stimmung ausgewiesen: Zu den 7 Tönen der Tonleiter benötigte man eigentlich 8 Tasten, nämlich eine für die hohe und eine andere für die tiefe Lage des Tons re. Diese unlösbare Schwierigkeit wird durch die unübertreffliche Schönheit der reinen Dreiklänge kompensiert. In keiner anderen Stimmung entstehen so viele virtuelle Klänge, die nicht angeschlagenen Obertöne eines ebenfalls nicht angeschlagenen Grundtons. Keine andere Stimmung ermöglicht eine so vollkommene Verschmelzung ihrer Töne.

 

In der Frührenaissance wird mit dem siebenten Ton ebenfalls kein Molldreiklang gebildet, da dessen Quint kein Bestandteil der diatonischen Tonleiter ist. Stattdessen wird für die Harmonisierung des zweiten und des vierten Tons oft der Ta-Dur-Dreiklang angewandt. Ta ist die verminderte Septim und liegt um einen großen Ganzton unterhalb des Grundtons. Somit ist Ta  (der Ton b im C-Dur-System) der achte Ton der erweiterten Tonleiter. Der Ton re muss  auch in dem Ta-Dur-Dreiklang die tiefe Lage einnehmen.

 

Die natürliche Stimmung ist ideal für die Renaissance-Musik. In der authentisch klingenden  Renaissance-Vokalmusik wird ausschließlich die natürliche Stimmung angewandt, da hier der Ton re immer in der richtigen Höhe gesungen werden kann.  Beispiele für diese Stimmung sind in Tabelle 3 zusammengestellt:

 

No.

Name

Jahr

Tonart

  2

Agricola, Martin, Wittenberg

1539

A-Dur

  5

Anonynus

 

G-Dur

18

Euler, Leonhard*

1739

C-Dur

20

Fogliano, Ludovico (reine Temperatur, Venedig)

1529

F-Dur, d-Dor, a-Moll, A-Dur

29

Kepler, Johannes**  (Linz)

1619

G-Dur

30

Kirnberger***  1

 

C-Dur

38

Lublin, Johannes von (Lubliyn)

1540

A-Dur

61

Rein Marburg

1776

C-Dur

62

Reinhard, Andreas (Schneeberg)

1604

C-Dur

Tabelle 3:         Beispiele für die natürlichen Stimmungen.        

 

*             Leonhard Euler (1707-83) war einer der größten Mathematiker aller Zeiten. Er starb, fast blind, mit einem Bleistift in der rechten Hand, an einem mathematischen Aufsatz arbeitend, während er mit der linken Hand eines seiner zahlreichen Enkelkinder umarmte, das in seinem Schoß saß.

 

**           Johannes Kepler (1571-1630) Rhetoriker, Grammatiker, Theologe, Mathematiker und Physiker. Fürsten und Herzöge erwiesen ihm die letzte Ehre, obgleich der protestantische Genius nicht innerhalb der Mauern einer katholischen Stadt beerdigt werden durfte.

 

***         Johann Philipp Kirnberger (1721-83) Komponist und Musikwissenschaftler, Vorreiter in der Konstruktion der gleichschwebenden Temperatur. Die Stimmung No. 30 enthält gleichzeitig die Kriterien der natürlichen und  die der wohltemperierten Stimmung.

 

 

Ein Beispiel für die natürlichen Stimmungen zeigt Stimmungstabelle 18.

 

Name: Euler Leonhard (1739)

***  Intervalle = Ton / (Ton+Intervall)  ***

                HERTZ      WM            WM       WM       WM       Abweichung zu Gleichschwebend

Ton          abs               Quinte   Quarte   gr.Terz  kl.Terz            WM     Hertz      Cent

C             264.000       0.00     0.00           0.00   -21.00              8.00    2.374    15.64

Cis           275.000       0.00   11.00         21.00     -0.00             -7.00  -2.182   -13.69

D             297.000   -11.00     0.00           0.00    -11.00            10.00   3.335    19.55

Dis           309.375       0.00     0.00         21.00     -0.00             -5.00  -1.752     -9.78

E              330.000       0.00     0.00           0.00     -0.00              1.00    0.372      1.96

F              352.000       0.00  -10.00          0.00    -21.00             7.00    2.772    13.69

Fis            371.250   -11.00     0.00           0.00    -11.00             3.00    1.256      5.87

G             396.000       0.00     0.00           0.00   -21.00              9.00    4.004    17.60

Gis           412.500       0.00     0.00         21.00     -0.00            -6.00   -2.804   -11.73

A             440.000       0.00   11.00           0.00     -0.00              0.00    0.000      0.00

B              464.063     10.00     0.00         21.00   -11.00            -4.00   -2.101     -7.82

H             495.000       0.00     0.00           0.00     -0.00              2.00    1.117      3.91

 

Stimmungstabelle, Stimmungsnummer 18

 

Für Do = C ermöglicht diese Stimmung reine Dreiklänge für Do, Mi, mi, Fa, So, si, La, la, Ti und ti Dur bzw. Moll. Die Dreiklänge c, #C, #D, f, g, #G, B sind nicht spielbar, die Dreiklänge d, #f, b sind weniger schön als die der gleichschwebenden Stimmung.

 

Die harmonische Grundausrüstung der Musik des 15. Jahrhunderts  besteht aus den sechs Dreiklängen Do, re, mi, Fa, So und la. Wie aus Tabelle 2 ersichtlich, kann man mit der natürlichen Stimmung nur fünf dieser Dreiklänge rein gestalten. Erst Mitte des 15. Jahrhunderts kommt der Ta-Dur als wichtiger Dreiklang für die Harmonisierung der Töne re und fa hinzu. Im 16. Jahrhundert erscheint die Moll-Parallele des Ta-Durs, das so-Moll. Auch die Diese (Erhöhung der Moll-Terz) der Dreiklänge re, mi und la, nämlich die Dur-Dreiklänge Re, Mi und La werden immer häufiger zur Harmonisierung angewandt. Mit der natürlichen Stimmung kann man die elf wichtigsten Dreiklänge der Palestrina-Zeit  ( Do, re, Re, mi, Mi, Fa, So, so, la, La und Ta ) nicht optimal gestalten. Ein Bedarf an neuen Stimmungen entsteht.

 

 

 


Die mitteltönige Stimmung

 

Die mitteltönigen Stimmungen verzichten auf den großen und den kleinen Ganzton, indem ein zwischen dem großen und dem kleinen Ganzton liegender, mittlerer Ganzton eingeführt wird (Mittelton). Zwei Mitteltöne ergeben eine schöne große Terz. Somit wird das Problem gelöst, dass der Ton re in re-Moll tiefer liegen müsste als in So-Dur. Der Preis ist allerdings hoch: Es gibt kaum reine Dreiklänge in dieser  Stimmung. Die ersten mitteltönigen Stimmungen entstehen Anfang des 16. Jahrhunderts (z.B. Stimmung No. 21).

 

Wenn man 11 Quint-Intervalle des Quintenzirkels um je einen Viertel des pythagoreischen Kommas verkleinert, entstehen achtmal reine große Terzen – dafür sind die kleinen Terzen und die Quinten unrein (Stimmung No. 45). Verkleinert man die Quinten um einen Drittel des pythagoreischen Kommas (Stimmung No. 63), werden neun kleine Terzen rein, aber dafür die großen unrein. In beiden Fällen wird das zwölfte Intervall im Quintenzirkel übermäßig groß (Wolfsquint). Einige der  nicht-reinen Terzen weichen um einen musikalisch nicht mehr tolerierbaren Betrag von den natürlichen Terzen ab. Auf diese Weise werden einige Dreiklänge wesentlich schöner als die der gleichschwebenden Stimmung, die anderen sind dafür unschön oder überhaupt nicht spielbar.

 

Die schubiger’sche Stimmungstabelle enthält Dutzende mitteltöniger Stimmungen. Bei den meisten sind sechs bis acht Dur- und vier bis sechs Moll-Dreiklänge schöner als die der gleichschwebenden Stimmung, die anderen sind nicht nur unschön, sondern teilweise nicht spielbar. Sind die spielbaren besonders schön, so sind die meisten der nicht spielbaren besonders schlecht. Sind nur wenige Tonarten spielbar, so klingen diese überdurchschnittlich schön. Die mitteltönigen Stimmungen sind ideal für die Spätrenaissance- und die Frühbarockmusik.

 

Ein Beispiel für die mitteltönigen Stimmungen zeigt Stimmtabelle 54. Diese Stimmung ist optimal  für die Harmonisierung der Tonarten mit den Vorzeichen  b – 2#, ist aber nur bedingt anwendbar für  2b und  3#.

 

Der Dreiklang ti-Moll und seine Diese werden erst nach Prätorius, im 17. Jahrhundert, zum Bestandteil der Harmonisierung.

 


Name: Praetorius M. (Mitteltoenig)(mod.As-C/H-D# rein)

***  Intervalle = Ton / (Ton+Intervall)  ***

                HERTZ      WM       WM       WM       WM            Abweichung zu Gleichschwebend

Ton          abs       Quinte    Quarte   gr.Terz  kl.Terz                 WM     Hertz     Cent

C              263.181    -2.75     2.75      0.00     -23.75               5.25      1.556     10.26

Cis            275.000    18.25     2.75    21.00       -2.75             -7.00    -2.182    -13.69

D             294.246     -2.75      2.75      0.00      -2.75               1.75      0.581      3.42

Dis           307.460    18.25    23.75     21.00      -2.75           -10.50    -3.667    -20.53

E              328.977     -2.75      2.75    21.00      -2.75             -1.75     -0.651     -3.42

F              352.000     -2.75      2.75      0.00      -2.75               7.00      2.772    13.68

Fis            367.807     -2.75      2.75    21.00      -2.75             -5.25     -2.187   -10.26

G             393.548     -2.75      2.75      0.00      -2.75               3.50      1.552      6.84

Gis           421.090   -23.75   -18.25      0.00    -23.75             12.25      5.785    23.95

A             440.000     -2.75      2.75      0.00      -2.75               0.00      0.000      0.00

B              470.793     -2.75   -18.25      0.00    -23.75               8.75      4.629    17.11

H             491.935     -2.75      2.75      0.00      -2.75             -3.50     -1.948     -6.84

Stimmungstabelle, Stimmungsnummer 54

 

 

Schöner als in der gleichschwebenden Stimmung sind die Dreiklänge für:#

 

Do = B                        Do,      Re, mi, Mi,        So,  so, la, La         (ti)            8 Dreiklänge

Do = F                       Do, re, Re, mi, Mi, Fa, So,       la, La,         (ti)            9 Dreiklänge

Do = C                       Do, re, Re, mi,        Fa, So, so, la, La,   Ta, (ti)         10 Dreiklänge

Do = G                       Do, re, Re, mi, Mi, Fa, So, so, la,         Ta, (ti)          10 Dreiklänge

Do = D                       Do, re,       mi,        Fa, So, so, la,  La, Ta, (ti)            9 Dreiklänge

Do = A                       Do, re, Re, mi,        Fa,       so, la,        Ta,                 8 Dreiklänge

 

Palestrina-Zeit: Do, re, Re, mi, Mi, Fa, So, so, la,  La, Ta                  11 Dreiklänge

 

Die Quinten zu #C, #D  und #G sind Wolfsquinten.            

Die großen Terzen zu #C, #D, E und #F sind nicht tolerierbar.

Die kleinen Terzen zu C, #G und B sind nicht tolerierbar.                 

Unspielbar sind die Dreiklänge c, #C, #D, E, #F, #G, #g und b;

 

 


Die wohltemperierte Stimmung

 

Bereits im 16. Jahrhundert gab es wohltemperierte Stimmungen. Sie wurden entwickelt, um durch die Vermeidung der Wolfsquinten, der zu weiten großen und der zu engen kleinen Terzen alle Tonarten spielbar zu machen. In der Regel gilt bei der Terz eine Abweichung vom reinen Intervall um das pythagoreische Komma als musikalisch tolerierbar. Bei der Quint wird für die Orgel lediglich die doppelte Abweichung zwischen dem reinen Intervall und der gleichwebenden Stimmung toleriert, bei der Cembalo gilt das halbe pythagoreische Komma als tolerabel. Werden bei einer Stimmung diese Werte bei keinem der zwölf möglichen Dur- und Moll-Dreiklänge überschritten, so gilt die Stimmung als wohltemperiert. Im Gegensatz zur verbreiteten Meinung sind bei der wohltemperierten Stimmung nicht alle Tonarten gleich schön, aber alle sind spielbar. Einige der pythagoreischen und der natürlichen Stimmungen sind gleichzeitig auch wohltemperiert.

 

Beim Konstruieren der wohltemperierten Stimmung kann das pythagoreische Komma in zwei Hälften (Stimmung No. 31, Kirnberger 1), drei Dritteln (No. 78, StanhopeSchugk), vier Vierteln (No. 86, 89, Werkmeister), fünf Fünfteln (No. 93), sechs Sechsteln (No. 94, Young) usw. auf die Töne der C-Dur-Tonleiter verteilt werden. Auf je mehr Töne das pythagoreische Komma verteilt wird, umso mehr gleicht diese Stimmung der gleichschwebenden.

 

Eine Analyse der von Schubiger veröffentlichten wohltemperierten Stimmungen zeigt, dass bei einer gegebenen Stimmung höchstens sieben Tonarten schöner klingen können als bei der gleichschwebenden. Sind bei der wohltemperierten Stimmung nur wenige Tonarten schöner als die gleichschwebenden, dann sind sie besonders glänzend (z.B. Stimmungen No. 6 oder No 31). Je mehr Tonarten schön klingen, umso weniger glänzt ihre Schönheit (z.B. No. 40).

 

Die wohltemperierte Stimmung mit einer Verteilung des pythagoreischen Kommas auf wenigstens sechs Teile ist ideal für die Barock- und für die klassische Musik. Wird das Komma auf wenige Töne verteilt, kommt diese Stimmung der natürlichen nahe und kann für die Renaissancemusik verwendet werden. Einige Stimmungen dieser Stimmungsfamilie können die mitteltönige ersetzen. Mehr als ein Drittel der schubiger’schen Stimmungstabellen  präsentieren wohltemperierte Stimmungen, ein weiteres Drittel sind pythagoreisch oder natürlich und wohltemperiert zugleich.

 

Name: Kirnberger 2

***  Intervalle = Ton / (Ton+Intervall)  ***

                HERTZ      WM       WM       WM       WM    Abweichung zu Gleichschwebend

Ton          abs         Quinte     Quarte    gr.Terz   kl.Terz            WM     Hertz     Cent

C             262.365      0.00      0.00       0.00     -11.00              2.50    0.740     4.89

Cis           276.401      0.00      1.00     11.00     -10.00            -2.50   -0.781    -4.89

D             295.161    -5.50       0.00       0.00     -11.00             4.50    1.496     8.80

Dis           310.951      0.00      0.00     11.00     -10.00            -0.50   -0.176    -0.98

E              327.957      0.00      5.50     10.00       -0.00            -4.50   -1.671    -8.80

F              349.820      0.00      0.00       5.50     -11.00              1.50    0.592     2.93

Fis            368.951    -1.00       0.00     10.00      -5.50            -2.50   -1.043    -4.89

G             393.548      0.00      0.00       0.00     -11.00              3.50    1.552     6.84

Gis           414.602      0.00      0.00     11.00     -10.00            -1.50   -0.703    -2.93

A             440.000    -5.50      5.50       4.50       -5.50              0.00    0.000     0.00

B              466.427      0.00      0.00     11.00     -11.00              0.50    0.263     0.98

H             491.935      0.00      0.00     10.00       -0.00            -3.50   -1.948    -6.84

Stimmungstabelle, Stimmungsnummer 31

 

Ein Beispiel für die wohltemperierten Stimmungen zeigt Stimmungstabelle 31.

 

Ein weiteres Beispiel für die wohltemperierten Stimmungen zeigt Stimmungstabelle 40.

 

Name: Mathis 1                                   ***  Intervalle = Ton / (Ton+Intervall)  ***

                HERTZ      WM       WM       WM       WM    Abweichung zu Gleichschwebend

Ton          abs          Quinte      Quarte    gr.Terz   kl.Terz          WM     Hertz     Cent

C             261.330    -0.50       1.00         7.50      -10.00        -1.00   -0.295    -1.96

Cis           276.089    -0.50       2.00         9.50       -5.00         -3.50   -1.093    -6.84

D             293.499    -0.50       1.00         5.00       -8.50         -0.50   -0.166    -0.98

Dis           310.075      0.50      1.00          9.50       -7.50         -3.00   -1.052    -5.87

E              329.441    -2.00       1.50         4.50       -8.00         -0.50   -0.186    -0.98

F              348.834    -1.00       0.50         8.00     -10.00         -1.00   -0.394    -1.96

Fis            368.951    -2.00       2.00         8.00       -5.50         -2.50   -1.043    -4.89

G             391.774    -1.00       0.50         6.00       -9.00         -0.50   -0.221    -0.98

Gis           413.900    -1.00       0.50         9.00       -6.50         -3.00   -1.405    -5.87

A             440.000    -1.50       0.50         3.50       -9.00           0.00    0.000     0.00

B              465.375    -0.50      -0.50        8.00      -10.00         -1.50   -0.789    -2.93

H             493.047    -2.00       2.00         5.50       -7.00         -1.50   -0.836    -2.93

Stimmungstabelle, Stimmungsnummer  40

 

 

Die Stimmung No. 31 ist ein Beispiel für eine wohltemperierte Stimmung mit deutlichen Qualitätsunterschieden unter den Tonarten. Im Gegensatz hierzu steht die Stimmung No. 40 mit einer ausgeprägten Vergleichmäßigung der Tonarten. Es ist keine Frage, dass beispielsweise für die Pastorale von Domenico Zipoli (1688-1726) mit Largo (21 Takte Orgelpunkt C, Harmonisierungsdreiklänge C- und F-Dur), Allegro (11 Takte,  C-, F- und G-Dur) und Largo (24 Takte, vorwiegend C- und G-Dur) die No. 31 von den in Tabelle 4 gezeigten Stimmungen die bessere Wahl ist.  Die Stimmung No. 40 ist ideal für die Tonarten G-, D-, A-, E- und H-Dur.

 

 

 

reine Dreiklänge

C,e,G,h

Stimmung No. 31

schöner als gleichschwebend

C,D,e,F,#f,G,A,a,h

 

schlechter als gleichschwebend

c,#C,#c,d,#D,#d,E,f,#F,g,#G,#g,B,b,H

 

reine Dreiklänge

keine

Stimmung No. 40

schöner als gleichschwebend

#c,D,#d,E, #f,G,#g,A,H,h

 

schlechter als gleichschwebend

C,c,#C,d,#D,F,f,#F,g,#G,a,B,b

Tabelle 4:         Vergleich der wohltemperierten Stimmungen No. 31 und No. 40.

 


 

Die gleichschwebende Stimmung

 

Bei der gleichschwebenden Stimmung sind alle zwölf Tonarten einander gleich. Diese Stimmung ist etwa seit 150 Jahren die meistverbreitete für Klavier und Orgel. Sie ist ideal für die romantische Musik, für alle Stücke mit mehr als vier Vorzeichen, für Zwölftonmusik und für Kompositionen, bei denen die Modulation den ganzen Quintenzirkel umfasst.

 

Nicht ideal dagegen ist diese Stimmung für Stücke mit wenigen Vorzeichen und wenigen Modulationen. Solche Kompositionen klingen je nach Harmonisierung bei einer natürlichen, einer mitteltönigen oder einer wohltemperierten Stimmung schöner. Dem Verfasser dieser Arbeit scheint, die soeben zitierte Pastorale von Zipoli auf einer gleichschwebend gestimmten Orgel zu spielen, ist wie Kuschelsex. Der perfekte Klang findet im Kopf statt. Man kann die Pastorale beliebig oft spielen, die Sehnsucht nach dem reinen Klang wird nicht erfüllt.

 

Für die vokale Kirchenmusik ist in den meisten Fällen die natürliche Stimmung vorzuziehen. Beim Gesang führt die häufige harmonische Unterstützung in gleichschwebender Stimmung zu permanenten Intonationsproblemen und schließlich zur Unfähigkeit, a cappella zu singen. A-cappella-Chöre singen in der Regel in der Stimmung der höchsten Konsonanz, nämlich in der natürlichen Stimmung.

 

 

 

 

Stimmungstabelle der gleichschwebenden Stimmung: Stimmungsnummer 1

Name:  Gleichschwebend

***  Intervalle = Ton / (Ton+Intervall)  ***

                     HERTZ          WM          WM       WM                     WM              Abweichung zu Gleichschw.

Ton             abs        Quinte   Quarte   gr.Terz           kl.Terz         WM     Hertz     Cent

C             261.626    -1.00     1.00     7.00               -8.00            0.00    0.000     0.00

Cis           277.183    -1.00     1.00     7.00               -8.00            0.00    0.000     0.00

D             293.665    -1.00     1.00     7.00               -8.00            0.00    0.000     0.00

Dis           311.127    -1.00     1.00     7.00               -8.00            0.00    0.000     0.00

E              329.628    -1.00     1.00     7.00               -8.00           0.00    0.000     0.00

F              349.228    -1.00     1.00     7.00               -8.00           0.00    0.000     0.00

Fis            369.994    -1.00     1.00     7.00               -8.00           0.00    0.000     0.00

G             391.995    -1.00     1.00     7.00               -8.00           0.00    0.000     0.00

Gis           415.305    -1.00     1.00     7.00               -8.00           0.00    0.000     0.00

A             440.000    -1.00     1.00     7.00               -8.00           0.00    0.000     0.00

B              466.164    -1.00     1.00     7.00               -8.00           0.00    0.000     0.00

H             493.883    -1.00     1.00     7.00               -8.00           0.00    0.000     0.00

Stimmungstabelle, Stimmungsnummer 1

 

 


Ausblick

 

Vergleicht man die in dieser Arbeit gezeigten Stimmungstabellen im Hinblick darauf, wie sie sich für das bei der wohltemperierten Stimmung zitierte Werk von Zipoli eignen, so ergibt sich eine Reihenfolge:

 

Reihenfolge

 

Stimmung No.

Stimmungsart

Stimmungsname

1

18

natürlich

Euler Leonhard, 1739

2

31

wohltemperiert

Kirnberger 2

3

54

mitteltönig

Prätorius M. Mitteltönig

4

1

gleichschwebend

Gleichschwebend

5

40

wohltemperiert

Mathis 1

6

57

pythagoreisch

Pythagoreisch, Zwolle, 1450

 

Welche Reihenfolge würde die Leserin für ihr Klavier zu Hause, oder der Leser für die Kirchenorgel im Hinblick auf die im letzten Jahr darauf erklungenen Werke zusammenstellen?

Welche Reihenfolge ergäbe sich, wenn man alle von Schubiger veröffentlichten Stimmungen berücksichtigte? Das Inhaltsverzeichnis beinhaltet die für die Beurteilung benötigten Hinweise. Nach welcher Stimmung ist das Klavier und die Orgel des Lesers gestimmt? Und wie bekämpft man die Intonationsprobleme im Kirchenchor? Sicherlich ist es nicht immer leicht, diese Fragen zu beantworten. Vielleicht ist es aber trotzdem richtig, diese gelegentlich zu stellen.

 


 

Inhaltsverzeichnis der Stimmungstabellen

 

 

 

Der erste Hinweis im Inhaltsverzeichnis zeigt die Art der entsprechenden Stimmung an. Dabei bedeuten  P   pythagoreisch,   N  natürlich oder rein,   M  mitteltönig,   W  wohltemperiert und  G  gleichschwebend. Wenn eine Stimmung die Charakteristika mehrerer Stimmungsarten gleichzeitig erfüllt, werden alle zutreffenden  Stimmungsfamilien angegeben. Werden die Charakteristika einer Stimmung nur tendenziell erfüllt, so wird diese in Klammern gesetzt.

 

Der zweite Hinweis zeigt bei der pythagoreischen und der natürlichen Stimmung die Tonart an, für welche diese entwickelt wurde. Bei der mitteltönigen und der wohltemperierten Stimmung werden die Vorzeichen der Tonarten (b und  #) angegeben, für welche der Dur-Dreiklang und seine Mollparallele schöner sind als in der gleichschwebenden Stimmung.

 

Nr.   1 Gleichschwebend G

Nr.   2 Agricola Martin (Wittenberg 1539) P: C-dur, N: A-Dur

Nr.   3 Ammerbach E.N. (Leipzig 1571) (Interpretation 1) M: 2b - 4#

Nr.   4 Ammerbach E.N. (Leipzig 1571) (Interpretation 2) M: 3b – 4#

Nr.   5 Anonymus  N: G-Dur

Nr.   6 Bach "Wohltemperiert"  W: b – 3#

Nr.   7 Bermudo Juan (Ossuma 1555) W: 0 – 4#, P: B-Dur

Nr.   8 Biezen van identisch Valotti (um 1754) W: 3b – 3#

Nr.   9 Billeter Orgelstimmung W: 2b – 3#

Nr.  10 Bruder Ignaz W: 2b – 2#

 

Nr.  11 Bruder Ignaz (P.Vier) W: 2b – 3#

Nr.  12 Cordier angepasst fuer Klavier G

Nr.  13 Cordier rein ueber 8 Oktaven (alle Quinten rein)

Nr.  14 de Caus Salomon (1615)  N: F-Dur, C-Dur

Nr.  15 Dom Bedos de Celles (Paris 1770) M: 4b - 3#

Nr.  16 Erlanger Traktat (um 1454) N: G-Dur, P: B-Dur

Nr.  17 Estreicher (Aniers) M: 3b – 4#

Nr.  18 Euler Leonhard (1739) N: C-Dur, reine Diesen, 12 reine Dreiklänge

Nr.  19 Evangelienorgel M: 3b – 4#

Nr.  20 Fogliano Ludovico (rein) (Venedig 1529) N: F- und A-Dur, 12 reine 3klänge

 

Nr.  21 Fogliano Ludovico (Venedig 1529)  M: 3b – 4#, (N: C-Dur)

Nr.  22 Galilei Vincenzo (Florenz 1581) W

Nr23 Grammateus Henricus (Nuernberg 1518) P: C-Dur

Nr.  24 Grammateus Henricus (Nuernberg 1518) (Schugk) P: C-Dur

Nr.  25 Grenacher W: 3b – 3#

Nr.  26 Grenacher 1/8 pyth Komma  W: 2b – 4#

Nr.  27 Griechische Planeten nach Renner

Nr.  28 Kayser J. (Hohenkirchen 1694-99) (Orgel)  W: 2b – 3#

Nr.  29 Kepler Johannes (Linz 1619) N: G-Dur

Nr.  30 Kirnberger 1  N: C-Dur

 

Nr.  31 Kirnberger 2  W: b – 3#, (N: G-Dur)

Nr.  32 Kirnberger 2 (Neidhart)  W: b – 3#, (N: G-Dur)

Nr.  33 Kirnberger 3  W: 2b – 3#

Nr.  34 Kröger H. / Hus B. (Langwarden 1650) (Orgel) M: 3b – 4#

Nr.  35 Lambert (1774) (Schugk)  W: 3b – 3#

Nr.  36 Lambert - Chaumont (1695) (Orgelbau Neidhart)M: 2b –4#

Nr.  37 Liebfrauenkirche Bremen (Orgel) (Praetorius / Scheidemann)M: 2b – 4#

Nr.  38 Lublin Johannes von (Lubliyn 1540) N: A-Dur

Nr.  39 Malcolm N: C-Dur

Nr.  40 Mathis 1 W: # - 5#

 

 

Nr.  41 Mattheson N: C-Dur

Nr.  42 Mercadier M: 2b – 4#

Nr.  43 Mersenne Marin (Paris 1636)W

Nr.  44 Metzler W: 2b – 3#

Nr.  45 Mitteltoenig M: 3b – 4#, reine Diesen

Nr.  46 Mitteltoenig (Billeter)M: 3b – 4#

Nr.  47 Natuerlich C-Dur (Ebersold) N: C-Dur

Nr.  48 Nasarre M: 2b – 4#

Nr.  49 Neidhardt 1 W: b – 2#

Nr.  50 Neidhardt 2 W: 2b - #

 

Nr.  51 Neidhardt 3 W: 2b – #

Nr52 Neidhardt ("fuer eine kleine Stadt") (1724)W: 3b – 2#

Nr.  53 Pfaff 2 W: 2b – 3#

Nr.  54 Praetorius M. (Mitteltoenig)(mod.As-C/H-D# rein)M: 2b-3#, reine Diesen

Nr.  55 Pythagoraeisch C-Dur (Ebersold) P: C-Dur, (W: 3#, 4#, 3b – 5b)

Nr.  56 Pythagoraeisch (1450) (Schugk) P: C-Dur  (W: 5# - 7#  bzw. 5b – 7b)

Nr.  57 Pythagoraeisch (Zwolle) (1450) P: C-Dur, N: A-Dur

Nr.  58 Rameau M: 2b – 3#

Nr.  59 Rameau (Paris 1726) (Schugk) M

Nr.  60 Ramis de Pareia (Bologna 1482) N: F-Dur

 

Nr.  61 Rein Marpurg N: C-Dur, 12 reine Dreiklänge

Nr.  62 Reinhard Andreas (Schneeberg 1604) N: C-Dur

Nr.  63 Salinas (Salamanca 1577) M: 3b – 3#, Moll-Terzen rein

Nr.  64 Schlick (Speyer 1511) (Billeter) M: 2b –2#

Nr.  65 Schlick (Speyer 1511) (H.Vogel) M: 3b – 3#

Nr.  66 Schlick 1 (Speyer 1511) M: 3b – 3#

Nr.  67 Schlick 2 M: 3b – 3#

Nr.  68 Schlick 3 M: 2b – 4#

Nr.  69 Schneegass Cyriacus (Erfurt 1590) (2.Methode) M: 3b – 4#

Nr.  70 Schneegass Cyriacus (Erfurt 1590) (3. Methode) M: 3b – 4#

 

Nr.  71 Schnitger A. (St. Ludgerikirche) (Norden 1686-94) M: 2b – 4#

Nr.  72 Silbermann Andreas (P. Vier) W: 2b – 3#

Nr.  73 Silbermann 1 (nach Dr. Billeter = Silberm. 2) M: 3b – 4#

Nr.  74 Silbermann 1 (Billeter) M: 3b – 4#

Nr.  75 Silbermann 2 M: 3b – 4#

Nr.  76 Solano Fr.J. (Lissabon 1779) (Interpretation 1) M: 2b – 4#

Nr.  77 Solano Fr.J. (Lissabon 1779) (Interpretation 2) M: 3b – 4#

Nr.  78 Stanhope (1801) (Schugk) W: b – 2#

Nr.  79 Tremolo 436 fuer Handorgel usw.

Nr.  80 Tremolo 438 fuer Handorgel usw.

 

Nr.  81 Tremolo 442 fuer Handorgel usw.

Nr.  82 Tremolo 444 fuer Handorgel usw.

Nr.  83 Verheijden Abraham (1600) M: 3b – 4#

Nr.  84 Wandel (Klavierstimmung)

Nr.  85 Werckmeister 1  M: 3b – 4# ( W )

Nr.  86 Werckmeister 2 W: 2b – 2#

Nr.  87 Werckmeister 2  nach Neidhart W: 2b – 3#

Nr.  88 Werckmeister 3 W: b – 3#

Nr.  89 Werckmeister 3 (Edskes) W: 2b – 2#

Nr.  90 Werckmeister 4 W: 2b – #

 

Nr.  91 Werckmeister 6 (Halberstadt 1691) (Erster Prozess) W: 2b – 2#

Nr.  92 Werckmeister 6 (Halberstadt 1691) (der andere Prozess) W: 2b – 4#

Nr.  93 Wohltemperiert (mit 1/5 p.K. engen Quinten) W: 2b – 3#

Nr.  94 Young Thomas (1800) (Schugk) W: b – 3#, (P: Cis-Dur)