Die mitteltönigen Stimmungen verzichten auf den großen und den kleinen Ganzton, indem ein zwischen dem großen und dem kleinen Ganzton liegender, mittlerer Ganzton eingeführt wird (Mittelton). Zwei Mitteltöne ergeben eine schöne große Terz. Somit wird das Problem gelöst, dass der Ton re in re-Moll tiefer liegen müsste als in So-Dur. Der Preis ist allerdings hoch: Es gibt kaum reine Dreiklänge in dieser Stimmung. Die ersten mitteltönigen Stimmungen entstehen Anfang des 16. Jahrhunderts (z.B. Stimmung No. 21).
Wenn man 11 Quint-Intervalle des Quintenzirkels um je einen Viertel des pythagoreischen Kommas verkleinert, entstehen achtmal reine große Terzen – dafür sind die kleinen Terzen und die Quinten unrein (Stimmung No. 45). Verkleinert man die Quinten um einen Drittel des pythagoreischen Kommas (Stimmung No. 63), werden neun kleine Terzen rein, aber dafür die großen unrein. In beiden Fällen wird das zwölfte Intervall im Quintenzirkel übermäßig groß (Wolfsquint). Einige der nicht-reinen Terzen weichen um einen musikalisch nicht mehr tolerierbaren Betrag von den natürlichen Terzen ab. Auf diese Weise werden einige Dreiklänge wesentlich schöner als die der gleichschwebenden Stimmung, die anderen sind dafür unschön oder überhaupt nicht spielbar.
Die schubiger’sche Stimmungstabelle enthält Dutzende mitteltöniger Stimmungen. Bei den meisten sind sechs bis acht Dur- und vier bis sechs Moll-Dreiklänge schöner als die der gleichschwebenden Stimmung, die anderen sind nicht nur unschön, sondern teilweise nicht spielbar. Sind die spielbaren besonders schön, so sind die meisten der nicht spielbaren besonders schlecht. Sind nur wenige Tonarten spielbar, so klingen diese überdurchschnittlich schön. Die mitteltönigen Stimmungen sind ideal für die Spätrenaissance- und die Frühbarockmusik.
Ein Beispiel für die mitteltönigen Stimmungen zeigt Stimmtabelle 54. Diese Stimmung ist optimal für die Harmonisierung der Tonarten mit den Vorzeichen b – 2#, ist aber nur bedingt anwendbar für 2b und 3#.
Der Dreiklang ti-Moll und seine Diese werden erst nach Prätorius, im 17. Jahrhundert, zum Bestandteil der Harmonisierung.
Name: Praetorius M. (Mitteltoenig)(mod.As-C/H-D# rein)
*** Intervalle = Ton / (Ton+Intervall) ***
HERTZ WM WM WM WM Abweichung zu Gleichschwebend
Ton abs Quinte Quarte gr.Terz kl.Terz WM Hertz Cent
C 263.181 -2.75 2.75 0.00 -23.75 5.25 1.556 10.26
Cis 275.000 18.25 2.75 21.00 -2.75 -7.00 -2.182 -13.69
D 294.246 -2.75 2.75 0.00 -2.75 1.75 0.581 3.42
Dis 307.460 18.25 23.75 21.00 -2.75 -10.50 -3.667 -20.53
E 328.977 -2.75 2.75 21.00 -2.75 -1.75 -0.651 -3.42
F 352.000 -2.75 2.75 0.00 -2.75 7.00 2.772 13.68
Fis 367.807 -2.75 2.75 21.00 -2.75 -5.25 -2.187 -10.26
G 393.548 -2.75 2.75 0.00 -2.75 3.50 1.552 6.84
Gis 421.090 -23.75 -18.25 0.00 -23.75 12.25 5.785 23.95
A 440.000 -2.75 2.75 0.00 -2.75 0.00 0.000 0.00
B 470.793 -2.75 -18.25 0.00 -23.75 8.75 4.629 17.11
H 491.935 -2.75 2.75 0.00 -2.75 -3.50 -1.948 -6.84
Stimmungstabelle, Stimmungsnummer 54
Schöner als in der gleichschwebenden Stimmung sind die Dreiklänge für:#
Do = B Do, Re, mi, Mi, So, so, la, La (ti) 8 Dreiklänge
Do = F Do, re, Re, mi, Mi, Fa, So, la, La, (ti) 9 Dreiklänge
Do = C Do, re, Re, mi, Fa, So, so, la, La, Ta, (ti) 10 Dreiklänge
Do = G Do, re, Re, mi, Mi, Fa, So, so, la, Ta, (ti) 10 Dreiklänge
Do = D Do, re, mi, Fa, So, so, la, La, Ta, (ti) 9 Dreiklänge
Do = A Do, re, Re, mi, Fa, so, la, Ta, 8 Dreiklänge
Palestrina-Zeit: Do, re, Re, mi, Mi, Fa, So, so, la, La, Ta 11 Dreiklänge
Die Quinten zu #C, #D und #G sind Wolfsquinten.
Die großen Terzen zu #C, #D, E und #F sind nicht tolerierbar.
Die kleinen Terzen zu C, #G und B sind nicht tolerierbar.
Unspielbar sind die Dreiklänge c, #C, #D, E, #F, #G, #g und b;